War wirklich der längste Tag

Der nächste Stopp wurde dann am Polarkreis eingelegt. Es ist ziemlich kalt hier und die Schneeschmelze ist immer noch in vollem Gange. Das haben wir bereits bei der Fotoaufgabe spüren dürfen, denn auf dem Weg über die Schneefelder musste man höllisch aufpassen, wohin man tritt. Teilweise war unter der geschlossenen Schneedecke schnell fließendes Schmelzwasser. Man hat das nur gehört, nie gesehen.

Der Weg aus den Bergen heraus war gesäumt von geradezu reißenden Flüssen. War aber auch zu erwarten, denn bis vor zwei Wochen hat es hier noch geschneit und jetzt muss der ganze ehemalige Schnee ja auch irgendwo hin. Die Landschaft ist traumhaft schön. Immer wieder reiße ich die Kamera hoch, um Fotos zu machen. Ich bin schon sehr gespannt, diese Bilder nach dem Urlaub überhaupt erst einmal zu sichten, denn dazu ist jetzt tatsächlich kaum Zeit.

Wir fahren weiter in Richtung Norden. Fauske soll unser nächster Tankstopp sein. Doch soweit kommt es nicht. Ein Jungspunt mit roter Kelle versperrt uns die Einfahrt zu einem Tunnel. Das haben wir allein in Norwegen schon als normal erlebt, denn die Bundesstraße in Richtung Norden wird gerade hinter Mo I Rana massiv ausgebaut. Wir wollten es also gerade als belanglos abtun, als der Knabe auf uns zukommt. Die Straße ist gesperrt und ob wir denn das Schild nicht gelesen haben. Da es komplett auf norwegisch war, wir es sehr wohl aber gesehen haben, mussten wir trotzdem verneinen. Es sind Tunnelarbeiten im Gange. Die Passage ist nur jeweils um 23.00 Uhr, 1.00 Uhr und um 4.00 Uhr möglich. Es ist 21.00 Uhr und wir zücken die Karte. Es gibt eine Umgehungsstraße, die führt durch eine verlassene Bergregion. So fängt jeder Horrorfilm an….

Wir werden aber mehr als entschädigt. Kermit macht trotz der 10%igen Steigung die Sache großartig. Wir haben eine ganze Reihe anderer Teams im Schlepp, die dankbar dafür sind, dass wir eine sehr genaue Karte haben. Die Gegend ist klasse. An einem großen Gebirgssee müssen wir anhalten. Postkartenmotiv reiht sich an Postkartenmotiv. Das ist schon atemberaubend hier.

Die Umgehung führt uns dankenswerterweise direkt zum Saltstraumen. Ein Strudel, der dadurch entsteht, dass die Gezeiten mit den Schmelzwassermassen kämpfen. Die Wassergeschwindigkeit ist enorm.

Es ist gerade Flut und offenbar Buffet für tausende Möven. Die Fische springen im Strudel immer wieder aus dem Wasser. Die einheimischen Fischer machen sich das zu Nutze, indem sie ihre Boote an den Strudeln platzieren. Fischschleudermaschine könnte man das nennen. Ein österreichisches Pärchen angelt Kabeljau (also sie holt die Fische, er übernimmt dann den Job an Land wegen fehlendem Glückes an der eigenen Route) und ein norwegischer trifft die einzige Ente über 25m Entfernung zielsicher mit seinem Köder am Kopf. Es war schön lustig zu sehen, wie er sich zaghaft umdrehte, um zu schauen, ob das irgendjemand gesehen hat. Wir lachen (allein schon wegen des zaghaften Umdrehens) und er jetzt auch, seine Körpersprache wechselt augenblicklich zu der eines übermütigen Schuljungen.

Inzwischen ist es 23.00 Uhr und die Sonne scheint uns direkt ins Gesicht. Hat schon was, so ein Sonnenbad mitten in der Nacht.

Wir fahren weiter nach Bodø. Dort gibt es eine Fähre auf die Lofoten (Moskenes). Wir konnten wegen der hohen Nachfrage keine Tickets mehr vorbestellen, also heißt es zeitig anstellen. Um 3.15 Uhr, 6.00 Uhr und 7.00 Uhr fährt eine Fähre ab, da bauen wir auf rechtzeitiges Erscheinen. Also fahren wir durch und sind um kurz nach Mitternacht dort. Die Warteschlange ist nur zu einem Drittel voll, also wird es wohl was mit 3.15 Uhr.

Die Überfahrt ist ziemlich ruppig, trotzdem dösen wir etwas vor uns hin. Nur ab und zu wird man von Kotzgeräuschen geweckt. Einige vertragen das wohl nicht so gut.